Auch in folgenden Jahren gab es mehrere Angriffe gegen die jüdischen Viehhändler, die Dr. Kolb
erfolgreich abwehren konnte. Doch im November 1936 gab es weitere Provokationen. Es war eine
geplante Aktion, wie sogar die Polizei vermerkte: 150 vorwiegend aus Nürnberg angereiste
Schulungsteilnehmer bedrohten die fünf jüdischen Viehhändler, die sich daraufhin in das
Direktionsgebäude des Schlachthofs flüchteten. Dr. Kolb wurde als „Judenknecht“ beschimpft, die
Viehhändler wurden verhaftet und „in Schutzhaft“ genommen. Schottenheim untersagte ihnen den
weiteren Zutritt zum Schlachthof.
Tochter Ilse, der 1936 der Besuch des Von-Müller-Gymnasiums verboten wurde, wechselte auf eine
private Knabenschule, wo sie viel Schikane erlebte. Doch auch im Wohnhaus in der Orleansstraße 6
herrschten Angst und Unfriede, nachdem ein neuer Nachbar eingezogen war, der dem Regime nahe
stand.
Frau Frieda Sämann zog ihre Konsequenzen aus diesen Geschehnissen. Ihr Bruder war bereits nach
Palästina ausgewandert, zu ihm nahm sie nun Kontakt auf. Schließlich gelang es ihr im Jahr 1938,
ihrer Tochter Ilse die Ausreise zu ermöglichen. Über München ging die Reise nach Triest und
schließlich nach Haifa. Es war ein schmerzvoller Abschied.
Im folgenden Jahr wurde Frieda Sämann gezwungen, in ein sog. Judenhaus in der Von-der-TannStraße
umzuziehen.
Ab diesem Zeitpunkt bemühte sie sich, Ausreisepapiere auch für ihren Sohn
und sich selbst nach Palästina zu erhalten. Noch 1941 gelang es ihrem 14-jährigen Sohn Heinz
alleine über Frankreich und Spanien in die USA auszuwandern.
Doch für Frieda Sämann schlossen sich die Türen. Am Morgen des 2. April 1942 hatte auch sie sich
auf dem Platz der abgebrannten Synagoge in der Schäffnerstraße einzufinden. Die Deportation nach
Piaski, einem polnischen Städtchen unweit von Lublin, ist der letzte sichere Beleg; ihr weiteres
Schicksal ist unbekannt.
Sie wurde 46 Jahre alt. |