Historische Studien
Regensburg 02.12.2011

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Text 7

Lebensspuren zu Wilhelm Heymann (Text 2)

1904 wurde Wilhelm Heymann in Schientochlowitz bei Kattowitz in Schlesien in eine jüdische Familie geboren. Ab 1919 absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung in Breslau und arbeitete als Verkäufer in Berlin und Stuttgart. Im Jahr 1926 wechselte er nach Freiberg/Sachsen, um dort im Kaufhaus Schocken, der größten Warenhauskette Deutschlands, eine Anstellung zu bekleiden.

Nach kurzer Zeit wurde er zum Nachfolger von Carl Lewin, dem damaligen Direktor der Filiale in Freiberg, ernannt. Zum beruflichen Erfolg gesellte sich schnell der private – am 1. Januar 1931 heiratete er Hildegard Brauer. Zwei Kinder wurden in kurzem Abstand geboren – Ursula im Dezember 1931, Sohn Norbert folgte ein Jahr später.

1934 wurde Wilhelm Heymann als Direktor nach Regensburg berufen, um die Filiale in der Pfauengasse (Nähe Dom) zu leiten. Die Familie zog im selben Jahr in die Dechbettener Straße 44, einem wohlhabenden Viertel im Westen der Stadt.

In der Nacht von 9. auf den 10. November 1938 wurde nicht nur die Synagoge, sondern auch das Kaufhaus Schocken verwüstet. Der Kaufhauskonzern wurde in den darauffolgenden Wochen „arisiert“, alle jüdischen Angestellten entlassen. Die glanzvolle Geschichte eines modernen und sozial geführten Betriebs und das Lebenswerk der beiden Brüder Schocken war unwiederbringlich zerstört.

Der Direktor des Kaufhauses, Wilhelm Heymann wurde noch in jener Nacht verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verschleppt, wo er mehrere Wochen der Willkür der SS-Wachmannschaften ausgesetzt war. Nach seiner Entlassung und Rückkehr zu seiner Familie gelang es ihm aufgrund der kontinuierlichen Einschränkungen und Einschüchterungen durch die nationalsozialistische Gesetzgebung nicht mehr mit seiner Familie ins Ausland zu flüchten.

Am Morgen des 2. April 1942 mussten sich Wilhelm und Hildegard Heymann mit ihren beiden Kindern und kleinem Gepäck auf dem Platz der zerstörten Synagoge am Brixener Hof einfinden. Zusammen mit weiteren 100 Menschen marschierten sie zum nahegelegenen Bahnhof. Das Ziel dieser ersten Deportation Regensburger Juden war das polnische Ghetto Piaski, in der Nähe von Lublin, das die nationalsozialistische Besatzungsmacht zu einem Durchgangslager umgebaut hatte. Ob die Familie dort oder in einem von dort abgehenden Transport in ein Arbeits- oder Vernichtungslager ermordet wurde, bleibt ungewiß.


Willy Heymann mit Kindern

Photo aus dem Privatbesitz von Dr. Michael Düsing, dem ich für wertvolle Hinweise dankbar bin.

Weiterführende Literatur:
Düsing, Michael: „Mein Weg, Herr Oberbürgermeister, ist schon bestimmt.“
Judenverfolgung in Freiberg 1933-1945, 2011


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